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In allen Jahren, in denen ich professionellen Leistungssport betreibe, wurde ich oft gefragt, ob es nicht schwierig ist immer mit „Verzicht“ zu leben. Die Vorstellung der meisten beinhaltet, dass ich nur gesundes Essen konsumieren darf, es mir nicht erlaubt ist feiern zu gehen, Alkohol zu trinken und dass ich keine Zeit für spaßige Aktivitäten habe. Ich wiederspreche diesen Aussagen und stelle die These auf, dass es eigentlich ganz einfach ist. Persönlich habe ich nicht das Gefühl, dass ich einen ständigen Verzicht eingehen muss. Mancher Verzicht ist sogar gewollt und verhilft einen zu innerer Stärke. Was ich genau damit meine versuche ich euch im Folgenden zu verdeutlichen.

In den letzten Wochen habe ich die Fastenzeit genutzt um meinen großen Konsum an Schokolade und Süßigkeiten zu minimieren. Mit der Weihnachtszeit und den ständigen Naschereien um mich herum fiel es mir wirklich schwer nur einen einzigen Tag ohne ein Stück Schokolade auszukommen. Auch das ein oder andere Glas Wein stand regelmäßig auf dem Tisch und hat mein Abendessen abgerundet. Prinzipiell sind beide Nahrungsmittel kleine „Glücklichmacher“ und ich bin fest davon überzeugt, dass man sich hin und wieder etwas gönnen sollte. Doch was ist, wenn man den Konsum nicht mehr wirklich schätzen kann. Hat man dann über die Stränge geschlagen? Ist der Konsum der süßen Verführungen zur Droge geworden ohne die man nicht mehr Leben kann?

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Okay ich gebe zu es ist etwas dramatisch ausgedrückt, aber persönlich merke ich hin und wieder, dass ich die Praline zum Kaffee nicht mehr schätze. Dass das eine Stückchen Kuchen nicht mehr ausreicht und dass das zweite Glas Wein zum Essen unbedingt sein muss. Schnell ist das Essen oder das Getränk verschlungen und danach durchflutet einen nicht das ersehnte Glücksgefühl, sondern die Reue warum man nun doch noch etwas in sich hinein geschaufelt hat. Für mich der Aha-Effekt, dass es dringend an der Zeit ist etwas zu ändern. Doch das ist manchmal gar nicht so einfach, denn wenn man wieder vor der Herausforderung steht, ob man jetzt verzichtet oder nicht gewinnt meist das Unterbewusstsein welches einem verklickert, dass Morgen auch noch ein guter Tag für gute Vorsätze ist.

Aus diesem Grund schiebe ich immer mal wieder Phasen ein, in denen ich auf gewisse Lebensmittel verzichte um mir selbst klar zu machen, dass der Konsum von Süßigkeiten, einem Stück Torte oder einem Glas Wein immer noch etwas besonderes ist. Die Entscheidung für eine solche „Fastenzeit“ wird ganz klar im Kopf getroffen. Entsteht der Entschluss aus freien Stücken, ist es eine Wohltat für Körper und Geist und fällt nicht sonderlich schwer. Ich empfinde es sogar als befreiend. Einer Sache zu Wiederstehen kann manchmal eine Qual sein und trotzdem im Nachhinein als Sieg über den inneren Schweinehund empfunden werden, der als größere Freude empfunden wird.

Verzicht sollte meines Erachtens nie mit Zwang einhergehen, denn dann wird er zur Qual und ist kontraproduktiv. Auf etwas zu Verzichten fällt mir nicht schwer, denn ich weiß, dass es sich nur um eine Phase handelt. Ich würde nie für immer auf Süßigkeiten, Alkohol oder Koffein verzichten. Zu erfüllend ist das Gefühl in guter Gesellschaft zu speisen, einen Drink zu genießen oder eine Praline zum Kaffee zu konsumieren. Grundsätzlich kann ich sagen, dass ich für mein Leben gerne Schokolade esse oder mir gerne ein Glas Wein zum Abendessen genehmige. Auch besondere Feierlichkeit lasse ich ungern ausfallen. Es gehört zum Leben dazu und wie jeder von euch, genieße ich ab und zu das „wilde Leben“.

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Es gibt jedoch immer wieder Phasen, in denen ich Versuche mich mit vollem Engagement auf das wesentliche zu konzentrieren. Hierbei beziehe ich mich nun speziell die Trainingsphasen und meine Sommersaison. Ich ernähre mich grundsätzlich gerne gesund, ich gehe nicht all zu oft Feiern, ich trinke nicht exzessiv und bin durchaus oft auf Reisen. Dennoch muss ich ganz klar unterstreichen, dass ich all diese Aspekte weniger als Zwang, sondern eher als Lebenseinstellung sehe. Ich würde es gleich setzen mit einem wichtigen Projekt auf der Arbeit. Für eine gewisse Zeit wird diesem Projekt alles untergeordnet. Nebensächlichkeiten werden aus dem Arbeitsalltag verbannt und auf einen späteren Zeitpunkt vertagt. Ähnlich ist das bei mir im Sport. Es ist mein Job im Wettkampf gut zu sein und dementsprechend das Training zu realisieren. Dazu gehört eben auch eine gesunde Lebensweise. Es ist ein 24 Stunden Job, welcher sich nun mal nicht auf acht Stunden am Tag beschränken lässt. Meine Arbeitsphase läuft quasi von Januar bis September durchgehend. Das man mal eine Auszeit braucht ist ganz legitim. Deshalb habe ich regelmäßig kleine Ruhephasen von einigen Tagen, in denen ich Abschalten kann und die „schönen Dinge des Alltags“ genieße. Richtig erholen kann ich mich meist ab September, denn dann erwartet mich ein Monat ohne planmäßiges Training und Verzicht. Eine Zeit, welche ich sehr schätze und die ich während der Saison oft als Motivation im Kopf habe. Im Herbst genieße ich die Dinge und Aktivitäten, auf die ich während des Sommers verzichtet habe. Eins kann ich euch jedoch sagen, nach einem Monat „Spaß“ und der Möglichkeit in den Tag hineinzuleben freue ich mich dann aber auch wieder auf einen geregelten Tagesablauf und die ein oder andere Einschränkung.