Es ist ein sich wöchentlich wiederholendes Szenario. Kommt es in einem Gespräch auf das Thema Beruf, so werde ich bei meiner Erläuterung oft mit einem etwas verdutzen Blick angeschaut. „Ich bin Professionelle Leichtathletin“ erzähle ich und meist lautet die Antwort darauf:
- „Ja und was arbeitest du noch?“
- „Machst du nebenbei ein Studium?“
- „Kann man davon leben?“
Immer wieder frage ich mich, ob ein Profi Fußballer oder Tennisspieler auch gefragt wird, ob er nebenbei noch einen Job hat oder ein Studium absolviert? Ich will damit nicht sagen, dass dies grundsätzlich nicht möglich wäre, aber ich wage dies zu bezweifeln.
Bei der Häufigkeit dieser mir gestellten Fragen fällt mir auf, dass die Stellung des Leistungssports heutzutage von einer sehr verzerrten Sichtweise betrachtet wird. Ich habe manchmal das Gefühl, dass Profisportler zu sein, kein anerkannter Beruf ist. Ob es jemals einer war, kann ich nicht beantworten.
Da ich nun seit 2011 als Profi tätig bin, kann ich versichern, dass dieser Job sehr viel Zeit in Anspruch nimmt. Auch ich habe mich zu Beginn, an einer dualen Karriere probiert und bin daran gescheitert. Auch hier möchte ich niemandem Unterstellen, dass er möglicherweise nicht doch in der Lage ist beides zu bewältigen. Doch mein Ziel ist es Weltklasse zu werden und wenn man in einem Berufsfeld der oder die Beste sein möchte, dann erfordert dies auch höchste Konzentration, viel Zeit, harte Arbeit und ganz viel Herzblut. Mit Achtzehn Jahren habe ich ganz pragmatisch gedacht: Ich trainiere vormittags und nachmittags, also kann ich in der Zwischenzeit zum Studium gehen. Dass das Training aber einer guten Vor- und Nachbereitung bedarf, dass Physiotherapie, Erholung und Pflege genauso dazu gehören und dass die Trainingslageraufenthalte sowie das Trainingspensum eher zu- als abnehmen habe ich damals nicht bedacht. Ich musste ziemlich schnell feststellen, dass mein Rechnung nicht aufging. Auf Grund der vielen Trainingslager habe ich beim Studium oft gefehlt. Für manche Fächer musste ich nicht lernen, aber gerade bei Modulen, die mir nicht so leicht fielen wurden die Wissenslücken immer größer. Da wurde ich das erste mal vor die Wahl gestellt: Den Unistoff aufholen und möglicherweise ein Nachtschicht einlegen, oder optimal Trainieren und mir die nötige Erholung gönnen. Über Themen, wie Marketing, Trainingsauswertung und Organisation habe ich mir zu Beginn meiner Karriere schon gar keine Gedanken gemacht. Dies hat erst in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen und nimmt auch etwas Zeit in Anspruch. In Phasen in denen die Leichtathletik nicht mehr so populär ist, finde ich es wichtig, dass man in einem gesunden Maß auf Sozialen Netzwerken tätig ist und Medien Termine wahrnimmt.
Dass die Gehälter in der Leichtathletik nicht so hoch sind wie im Fußball ist kein Geheimnis. Aber die Frage, ob man von dem Sport leben kann würde ich definitiv mit Ja beantworten. Natürlich gibt es keine Garantie, aber eine Garantie hat man als Selbständiger grundsätzlich nicht. Man geht als Unternehmer immer ein Risiko ein, egal ob man ein Start-up gründet oder als Profi Sportler Karriere machen möchte. Der Wille ist hierbei das Entscheidende. Will ich etwas und bin ausreichend dafür qualifiziert, so kann ich mit diesem Willen und dem nötigen Fleiß Berge versetzen. Wichtig ist, dass man mit aller Konsequenz daran arbeitet und sich nicht von seinem Weg abbringen lässt. Daher sehe ich es auch als normal an, dass man klein anfängt und am Anfang erst mal in ein Projekt investieren muss. Ich habe in den ersten Jahren meiner Karriere jeden Penny zusammen gekratzt und mein Geld behutsam gespart, um die Trainingslager oder Trainingsequipment finanzieren zu können. Natürlich hatte ich auch finanzielle Unterstützung. Diese war am Anfang jedoch geringfügig. Die Aussicht auf mehr war aber gegeben und so habe ich mir Stück für Stück eine Basis aufgebaut.
Ein weiterer wichtiger Meilenstein in meiner Sportlichen Laufbahn ist die Karriere bei der Bundeswehr. In Deutschland gibt es die Möglichkeit der Spitzensportförderung durch Behörden. Neben der Bundeswehr bietet unter anderem die Landespolizei (einiger Bundesländer), die Bundespolizei und der Zoll eine Spitzensportförderung an. Für mein tägliches Training bin ich durch die Bundeswehr weitgehend freigestellt. Meine Aufgabe ist es, Deutschland auf internationaler Bühne bestmöglich zu repräsentieren. Anders als bei der Landespolizei bin ich bei der Bundeswehr zwar nicht verbeamtet, habe aber durch den BFD (Berufsförderungsdienst) später die Möglichkeit, ein Studium oder eine Ausbildung finanziert zu bekommen. Bei der Polizei wird diese Ausbildung vorangestellt.
Die Aussicht auf eine Karriere nach dem Sport ist also gegeben. Was dies jedoch im genauen sein wird kann ich heute noch nicht sagen. Derzeit versuche ich mir meinen Traum einer Olympia Medaille zu erfüllen und meine physischen Grenzen zu testen. Ich verdiene durch den Sport meinen Lebensunterhalt und Lebe für den Sport. Dabei ordne ich dem täglichen Training alles unter. Sechs Monate pro Jahr verbringe ich in Trainingslagern überall auf der Welt. Den Satz: „Bist du wieder im Urlaub?“ höre ich oft. Dann muss ich immer schmunzeln, weil Ausland für viele gleich Urlaub bedeutet. Ich genieße das Reisen sowie das intensive Training, es ist aufregend, es macht Spaß, aber es ist gleichzeitig harte Arbeit und nicht nur Vergnügen.
Neben dem Training und der dazugehörigen Vor- und Nachbereitung wie Physiotherapie oder Ähnliches, habe ich natürlich auch Verpflichtungen gegenüber meiner Partner und Förderer. In den vergangenen Jahren habe ich ein kleines Team an Sponsoren aufgebaut, die natürlich auch eine Gegenleistung erwarten. Dementsprechend kostet die Pflege dieser Förderer ebenso Zeit und Konzentration. Ohne Werbung würde die Leichtathletik aussterben und so engagiere ich mich auf diversen Sozialen Medien und versuche Marketing Termine auch Persönlich wahrzunehmen. Das Training steht bei mir jedoch immer an erster Stelle, denn die sportliche Leistung bildet den Grundstein.
Hallo Gesa, ich finde, wenn man etwas wirklich will, muss man bereit sein, hart zu arbeiten, auf bestimmte Dinge zu verzichten (zumindest am Anfang) und sich voll und ganz seinem Unterfangen zu widmen. Das lebst Du und das ist mir in den vergangen Monaten mehr und mehr klar geworden, dass so ein Leben sehr erstrebenswert ist. Auf Ziele hinzuarbeiten und sich seinen Träumen immer weiter ein Stück näher zu bringen. Ein Full – Time – Job eben. Auch als Sportler.
Danke für den Post und noch eine sehr gute Trainingswoche bis zu den Deutschen Meisterschaften.
Liebe Grüße, Jenny.
Interessant, danke für die Einblicke!
Ich finde den zugrundeliegenden Enthusiasmus und die Begeisterung für den Sport toll. Insbesondere ist es schön, so etwas auch außerhalb den „großen Fußballs“ zu erleben.
Ich wünsche weiterhin viel Erfolg und die nötige Energie und Kraft dafür!
Viele Grüße,
Tobias
Dankeschön 🙂
Liebe Frau Krause,
nachdem ich vor kurzem die kurzweilige und interessante Reportage über Sie / „mit Ihnen“ in der ARD gesehen habe, bin ich wirklich schwer beeindruckt und begeistert. Die Art und Weise, wie Sie Ihren Sport leben und lieben ist inspirierend. Vor allem aber auch Ihre Professionalität, Gewissenhaftigkeit und Ehrlichkeit sind wirklich beeindruckend. Ich möchte dies an dieser Stelle gerne einmal loswerden, denn auch Ihr o.g. Blogbericht spiegelt unheimlich gut wider, was man in der Reportage über Sie lernen konnte. Ich kann Ihren o.g. Punkten nur beipflichten. Ich war selber als junger Sportler (wenn auch Mannschaftssport) in einer ähnlichen Situation und hatte den Sprung ins „Profileben“ gewagt – leider nur kurzzeitig aufgrund von Verletzungen. Aber Sie treffen es auf den Punkt: wenn man der oder die Beste in einem Bereich werden möchte, dann muss man es 100% ausüben 🙂 Das gleiche gilt ja auch im Berufsleben – ich kann ja neben meiner Tätigkeit auch nicht noch ein wenig „hier und da rumturnen“.
Wenn man also Sport liebt … und hin und wieder auch mal „unbedeutendere“ Sportarten mag wie zB mittel lange Laufstrecken in der Leichtathletik … ja dann sind Sie einfach „ein Knaller“ … ein echtes Vorbild … v.a. mega professionell … da können viele Fussballer und Handballer sich mal eine Scheibe von abschneiden. Wie Sie merken bin ich echt beeindruckt … richtig cool !! Sportler wie Sie (und da gibt es ja auch noch andere im Schwimmen oder dergleichen) brauchen eine bessere wirtschaftliche Unterstützung und Wertschätzung … denn die Art, wie Sie Ihren Sport ausüben und Deutschland repräsentieren ist vorbildlich (v.a. auch für Kids) und begeisternd! Da sollte man sich wirklich Gedanken machen. Und v.a. sollten sich viele Unternehmen tatsächlich einmal Gedanken machen, welche Werte sie im Sportsponsoring vertreten sehen wollen – da würde ich als Sportsponoring aktives Unternehmen sofort mit Ihnen Kontakt aufnehmen. Ich wünsche Ihnen sehr, dass der TV Beitrag reges ähnliches Interesse bei den Marketingverantwortlichen ausgelöst hat. Wenn nicht werde ich mal mein Netzwerk auf Sie aufmerksam machen.
Viel Erfolg in Berlin morgen !! Schön fokussiert bleiben und dran denken, dass Sie Grenzen überschreiten können wie ich gelernt habe in dem Film.
Liebe Grüsse
Herzlichen Dank für Ihre Worte. Es freut mich sehr, dass sie meinen sportlichen Weg verfolgen.
Marketing ist in unserem Sport nicht einfach, aber ich möchte mich auch nicht beschweren 😉
Liebe Grüße
Gesa
Hallo Gesa,
herzlichen Glückwunsch zum EM-Sieg!
Was Du hier alles schreibst ist sehr interessant und gibt einen guten Einblick in Deine tägliche Arbeit, Deine Einstellung, …
Alles Gute auf Deinem Weg zu Olympia 2020!
Vielen lieben Dank 🙂
Du hast das so logisch erklärt,daß mir gar nichts anderes übrigblieb als Dir zu folgen.So gesehen kann ich Dir nur Recht geben,Deine sportlichen Ziele weiter zu verfolgen.Wer Dein Siegerlächeln gesehen hat—ja,Du bist auf dem richtigen Weg.Letztlich entscheidet das Herz trotz aller logischen Analyse!Viele Grüße von Jörg Seidenstücker 13.8.2018
Vielen lieben Dank 🙂
Bewundernswert deine ehrlichen Worte zu diesen Thema liebe Gesa. Einmal mehr zeigst du was für eine außergewöhnliche, und GROßE Persönlichkeit du doch bist! Gleichzeitig macht es mich traurig, daß bisher noch niemand einen Kommentar dazu abgeben mochte.
Kann mir vorstellen was für ein Druck auf dir lastet, deinem Arbeitgeber und Sponsoren gegenüber. Ich zweifle nicht eine Sekunde daran, dass du alles erreichen wirst was du dir erträumst. Wünsche dir alles Glück der Welt!
Hallo Larissa,
Danke für dein Feedback. Ich muss die Kommentare immer freigeben und war bisher nicht dazu gekommen. Entschuldige die Verspätung.
Alles Liebe,
Gesa
Es müssten vor Allem die großen Sportfeste (Diamondleage) im frei empfangbaren Fernsehen gesendet werden. Stattdessen wird höchstens einmal (außerm ISTAF) eine Jugendmeisterschaft gezeigt.
Da stimme ich absolut zu !!
LG Gesa