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Was im Folgenden geschah macht mich immer noch sprachlos. Das Rennen nach einem Sturz zu Ende laufen war im Prinzip intuitiv. Ich war nicht verletzt und somit kam es für mich eigentlich nicht in Frage aufzugeben. Natürlich wusste ich vom ersten Moment nach meinem Sturz, dass eine Bestzeit und auch eine Medaille außer Reichweite waren, aber ich trainiere nicht ein Jahr lang am Limit um dann nach 700m einfach aufzugeben. Genau das waren meine Gedanken unmittelbar nachdem es zu dem Vorfall gekommen ist. Natürlich war ich sauer, aber für mich war es einfach das Schicksal was es an diesem Tag nicht gut mit mir gemeint hat. Ich war zur falschen Zeit am falschen Ort, konnte nicht mehr rechtzeitig ausweichen und bin gestürzt. Schuldzuweisungen wären an dieser Stelle völlig unangebracht gewesen, denn erstens war es nicht die Absicht der Kenianerin mich zu Fall zu bringen und zweitens hätte es für mich nichts geändert. Das Rennen war vorbei und das einzige was ich empfand war Traurigkeit und Enttäuschung.

Im Gespräch mit den Medienvertretern der Mixed Zone habe ich genau diese Auffassung zum Ausdruck gebracht. Die Enttäuschung war mir ins Gesicht geschrieben. So etwas kann man nicht verdrängen. Des Weiteren konnte ich die Situation nur so analysieren wie sie eben vorgefallen ist. Ich habe mir nun mal eine Disziplin ausgesucht, in welcher Hindernisse im Weg stehen und nicht immer gelingt es einem diese Hindernisse fehlerfrei zu überwinden. Ich musste schon oft miterleben, wie Athleten zu Fall gekommen sind und war in der Vergangenheit glücklicherweise von solchen misslichen Situationen verschont geblieben. Am 11. August im WM Finale war es jedoch anders. Diesmal war ich diejenige, die eben Pech hatte. Das ist Hindernislauf!

Ich habe an jenem Abend viele Tränen vergossen und lange mit meinem Trainer gesprochen. Für uns war es der größte Tiefschlag in unserer Trainer Athleten Beziehung. Uns beiden war immer bewusst, dass solche Dinge passieren können. Vorbereitet ist man auf diese Situation aber trotzdem nicht. Ich wollte nichts sehen, nichts hören, niemanden sprechen, denn ich hatte nichts zu sagen. Für mich stand fest, dass mich niemand auf dieser Welt aufbauen könnte. Doch ich hatte Unrecht!

Es war mittlerweile spät geworden, als ich das Gespräch mit meinem Freund Marc und auch mit meinen Eltern gesucht habe. Sie wussten genau wie schwer dieser Tiefschlag für mich war und hatten größtes Verständnis für meine Situation. Ich durfte einfach traurig sein. Und so blöd das auch klingt. Manchmal muss man Traurigkeit einfach zulassen. Meines Erachtens ist dies der erste Schritt diesen Zustand zu bewältigen. Das einzige was mir Marc, sowie meine Eltern an diesem Abend noch mitgaben war, dass ich die Sportwelt bewegt hatte und das ich am nächsten Tag in aller Ruhe die Nachrichten verfolgen sollte. Dann würde ich verstehen was sie meinen. Ohne Sinn für aufmunternde Worte und bedauernswerte Berichte über mich schlief ich an diesem Abend vor Erschöpfung ein.

Wenige Stunden später, weckten mich meine kreisenden Gedanken um die kürzlich geschehenen Ereignisse. Ich nahm mein Handy tippte meinen Namen bei Google ein stieß auf unzählige Berichte zu meinem Hindernisfinale. Die Überschrift der Süddeutschen Zeitung: „Krause braucht keine Medaille um ein Champion zu sein.“ ließ mir erneut Tränen übers Gesicht laufen. Ich checkte meine Nachrichten, Mails, sowie Facebook und Instagram. Die Postfächer waren am explodieren. Ich konnte es erst nicht glauben und war zugleich überwältigt und sprachlos von dieser unglaublichen Flut an Nachrichten und News. Mühsam versuchte ich meine Gefühlswelt in Worte zu passen und veröffentlichte einen Post bei Instagram und Facebook, welcher in den darauffolgenden Stunden knapp 2000 Kommentare zählte. Von Stunde zu Stunde summierten sich die Nachrichten, Kommentare und Berichte über meinen Lauf vom vorherigen Tag.

Man sagt: „Alles was im Leben geschieht hat einen Grund.“

Mir war nicht bewusst gewesen, dass ich mit diesem Sturz, diesem Neunten Platz, dieser kämpferischen Leistung und meinem anschließenden Interview so viele Menschen berühren würde. In den letzten Tagen habe ich unzählige eurer Nachrichten persönlich gelesen und kann in diesem Sinne nur sagen, wie sehr mich jede einzelne Nachricht gefreut hat. So schmerzlich diese Erfahrung auch gewesen ist. Dieses unfassbare und durchweg positive Feedback hat mich unheimlich beeindruckt und mein Herz berührt. Die riesige Unterstützung von jedem einzelnen von euch macht mich einfach sprachlos und erfüllt mein Herz mit Dankbarkeit und Glück.

Ich habe nach dem Rennen gesagt: „Mein Herz ist gebrochen“ und ich möchte diese Worte nicht zurück nehmen, denn es entsprach in diesem Moment der Wahrheit. Aber so schmerzlich diese Erfahrung im ersten Moment gewesen ist, so glücklich machen mich die darauffolgenden Ereignisse. Ich denke jeder einzelne von euch hat schon Situationen erleben müssen, die einem das Herz brechen, die einen mit Traurigkeit und Unglück übersehen und stets die Frage nach dem „Warum“ mit sich bringen. Manchmal ist es schwer die Antwort darauf direkt zu finden. Manchmal findet man sie vielleicht niemals. Für mich gilt jedoch, dass ich meine Antwort und die Frage nach dem tieferen Sinn gefunden habe. Ich bin zwar nicht dankbar für den Sturz und enttäuscht darüber nicht die Chance gehabt zu haben um eine Medaille zu kämpfen, aber ich bin dankbar für alles was im Nachhinein passiert ist und daher gehört das verpatzte WM Finale eben zu meiner Geschichte dazu. Das Leben geht weiter und bietet neue Chancen. Daran glaube ich aus tiefster Überzeugung.

Auch wenn ich nicht jede einzelne Nachricht beantworten kann, so hoffe ich, dass ich mit diesem Beitrag meine Dankbarkeit zum Ausdruck bringen konnte.

eure Gesa