Jeder kennt sie – die Nervosität. Sie ärgert uns des Öfteren in Prüfungssituationen und vor Wettkämpfen. Sie ist lästig. Sie bereitet uns Bauchschmerzen. In schlimmen Fällen wird Nervosität sogar manchmal zu Angst. Doch wozu ist sie eigentlich da – die Nervosität? Und wie bekommt man sie in den Griff? Ich teile heute meine Erfahrungen mit euch und versuche zu erklären, warum Nervosität sogar wichtig für eine gute Leistung sein kann.

Kennt Ihr das Gefühl wenn man etwas unbedingt schaffen möchte und gleichzeitig Angst hat an der Aufgabe zu scheitern? Wenn man am liebsten weglaufen möchte, statt sich der Herausforderung zu stellen. Es ist nicht unüblich, dass vor einer wichtigen Prüfung oder einem Wettkampf eine gewisse Nervosität auftritt. In schlimmen Fällen ist es sogar Angst.

Findet Ihr es nicht auch komisch, dass man manchmal Angst davor hat den eigenen Sport auszuführen oder eine Matheaufgabe zu lösen? Vor dem Training oder der Mathestunde verspürt man ja auch keinen Druck oder Nervosität. Ich habe mich früher oft gefragt, warum ich am liebsten weglaufen würde, statt mich an den Start zu stellen um einen schnellen Wettkampf zu laufen. Man kann beim letzten Training noch guten Mutes gewesen sein und am Tag X sind urplötzlich alle positiven Gedanken, der unbändige Ehrgeiz und das ganze Selbstvertrauen verschwunden. Statt innerer Freude, verspürte man lediglich enormen Druck.

Diese Gedanken haben mich vor einigen Jahren vor fast jedem Wettkampf geplagt. Eines Tages vor einer U20 Europameisterschaft habe ich meinen Trainer gefragt, wann dieses Gefühl endlich aufhöre? Seine Antwort darauf war wenig befriedigend. Er sagte: „ Wenn das Gefühl aufhört, dann ist es Zeit den Leistungssport zu beenden.“ Für mich war diese Aussage anfangs eher unverständlich, denn ich konnte mir nicht vorstellen, dass diese enorme Nervosität von irgendeinem Nutzen sein konnte. Ich glaubte fest daran, dass ich mit Coolness vor dem Start noch besser sein könne. Aber statt Coolness verspürte ich weiterhin eine enorme Anspannung vor meinen Wettkämpfen. Mal mehr, mal weniger. Selbst heute, nach Europameisterschafts- und Olympiateilnahmen ist sie da, die Nervosität. In den vergangenen 19 Jahren in denen ich den Laufsport betreibe habe ich mich immer wieder an die Startlinie gestellt, denn dieses schreckliche Gefühl war mit jedem Startschuss verflogen und nach fast jedem Rennen überwog im Nachhinein die Freude über das Resultat oder darüber den Schmerz bezwungen zu haben.

Mittlerweile weiß ich, dass diese Nervosität damit verbunden ist, dass mir etwas daran liegt ein gutes Resultat zu erzielen. Oft ist es nicht der Druck von Außen, sondern der innere Drang Außergewöhnliches zu schaffen. In der Mathestunde oder im Training sind Fehler erlaubt. Man übt ja schließlich dafür, im Moment der Prüfung in Bestform zu sein. Ohne Nervosität fehlt quasi auch die nötige Spannung für die bevorstehende Aufgabe. So einfach ist das.

Wird Anspannung oder Nervosität jedoch zu Angst, kann diese auch hemmend wirken. Hippokrates sagte einst: „Das menschliche Herz erweitert sich bei Freude, bei Angst zieht es sich zusammen.“ Ein tolles Zitat wie ich finde. Nimmt man sich dieses Zitat zum Beispiel, so sollte man mit Freude an die bevorstehenden Aufgaben gehen. Auch mein Trainer legte mir immer das Beispiel von Haile Gebreselassi vor Augen. Dieser stand immer mit einem Grinsen am Start. Warum eigentlich auch nicht, er war ein Weltklasse Läufer und hatte Freude daran das zu tun was er am besten konnte. Laufen! Mit großer Wahrscheinlichkeit, war er trotz des Lächelns auf seinen Lippen ebenfalls ein wenig aufgeregt, angespannt oder einfach konzentriert. Die Aufregung vollends zu vermeiden ist also nicht erstrebenswert. Doch statt Angst, Freude über die Herausforderung zu empfinden ist meines Erachtens nach die richtige Herangehensweise. Denn eigentlich betreibt man den Sport ja aus Leidenschaft und Freude (Bei der Mathematik mag das anders sein).

Die größere Frage ist jedoch wovor haben wir überhaupt Angst?

Möglicherweise ist es die Angst zu versagen oder ein schlechtes Resultat zu erzielen.

Aber was heißt schon versagen oder wer entscheidet ob eine Leistung gut oder schlecht war? Jeder hat doch mal einen schlechten Tag und sich der Herausforderung gestellt zu haben, ist immer eine größere Leistung, als sich davor zu drücken. Der dumme Satz „aus Fehlern lernt man“ ist, meines Erachtens nach, gar nicht so dumm. Ein Fehler, ein schlechter Wettkampf oder eine schlechte Klausur kann uns eigentlich nur weiterhelfen. Ein schlechtes Resultat kann dafür sorgen wach gerüttelt zu werden um den gleichen Fehler nicht noch einmal zu machen. Sich einer Sache anzunehmen und einer Herausforderung zu stellen bedeutet doch also, dass man den Mut bewiesen hat, möglicherweise an einer Aufgabe zu scheitern. Es heißt aber auch gleichzeitig, dass man die Chance hat alles zu gewinnen. Sich die Angst zu nehmen, bedarf also ein „Mindshift“ im Kopf. In dem wir unsere Denkweise ändern, können wir uns die Angst nehmen. Dies bedeutet nicht, dass einem das Resultat egal sein sollte. Vielmehr sollte man sich selbst gut zusprechen, die bevorstehende Aufgabe bestmöglich und mit allem Engagement zu lösen. Mehr kann man nicht von sich erwarten. Hat man alles gegeben, so kann man sich keine Vorwürfe machen.

Scheitern gehört zum Leben dazu. Ich bin schon oft an Dingen gescheitert und gleiches wird mir sicher auch in Zukunft passieren. Wer gescheitert ist, der weiß, dass er sich daran versucht hat. Scheitern bedeutet Erfahrungen zu machen. Scheitern ist ein Teil auf dem Weg zum Erfolg. Wichtig ist, dass man sich nicht unterkriegen lässt. Wer nicht gescheitert ist, wird keinen Erfolg haben.

Hört auf Angst davor zu haben etwas nicht gut genug zu machen. Es gibt immer eine neue Chance. Seid mutig und habt Freude an dem was ihr tut. Nervös zu sein bedeutet, dass euch etwas wichtig ist. Seid positiv. Nehmt die Herausforderung an und lasst euch nicht unterkriegen.

Sage dir selbst immer wieder folgenden Satz:

„Ich kann das, denn ich bin gut genug es zu schaffen.“