Letztens saß ich mit einem guten Freund zusammen und er hat mir erzählt, dass einige seiner Kommilitoninnen interessiert meinen Blog lesen. Er berichtete mir, dass sie keinen Bezug zum Leistungssport haben, meine Erzählungen aber durchaus interessant finden. Unklar war den Mädels anscheinend nur, warum zur Hölle ich meine Trainingslager in Kenia absolviere? Für mich ein ganz wichtiger Anhaltspunkt und der Grund für meinen heutigen Beitrag. Ich bin einfach davon ausgegangen, dass ihr euch vorstellen könnt warum ich in Kenia trainiere. Dafür möchte ich mich heute entschuldigen, denn für mich sind Höhentraining und die Aufenthalte in Kenia so normal geworden, dass ich gar nicht daran gedacht habe, dass es dem ein oder anderen von euch möglicherweise unklar ist warum es mich so oft nach Afrika zieht. Der Grund ist nicht das Klima und die Sonne, denn wenn es nur um die Wärme ginge, würde ich am Meer gelegene Orte mit Sicherheit vorziehen.
Um es ganz einfach zu erklären: Je höher man sich über dem Meeresspiegel befindet, desto geringer ist der Sauerstoffgehalt in der Luft. Für den Ausdauersportler ist der Sauerstoffgehalt enorm wichtig, denn die Sauerstoffaufnahme beeinflusst die Muskelarbeit und somit die Leistungsfähigkeit des Athleten. Trainiere ich an Orten mit „geringem Sauerstoffgehalt“ in der Luft, reagiert mein Körper darauf, indem er vermehrt rote Blutkörperchen bildet um einen regulären Sauerstofftransport im Blut zu gewährleisten (Die roten Blutkörperchen sind für den Sauerstofftransport zuständig). Dieser Prozess dauert ungefähr 20 Tage. Das ist auch der Grund warum ich in der Regel 3 bis 4 Wochen im Höhentrainingslager bin. Nach der Rückkehr aus der Höhe besitzt mein Körper demnach mehr rote Blutkörperchen und ist rein theoretisch Leistungsfähiger als vorher. Das klingt natürlich leichter als es ist. Belastungs- und Erholungsphasen müssen im Einklang zueinander sein. Diesen Prozess steuert mein Trainer. Im Alter von 17 Jahren habe ich mein erstes Höhentrainingslager absolviert. Seither habe ich die Aufenthalte in der Höhe und das Training in der „dünnen Luft“ deutlich gesteigert. Mein Ausdauerniveau und meine allgemeine Leistungsfähigkeit konnte ich durch die Höhenaufenthalte und perfekt gesteuertes Training in den letzten Jahren deutlich verbessern. Persönlich bin ich davon überzeugt, dass ein Ausdauersportler langfristig gesehen unter Höhenbedingungen trainieren muss, wenn er international konkurrenzfähig sein will. Athleten, die ganz ohne Höhentraining Olympische Medaillen gewonnen haben, sind die Ausnahme.
Warum ich so oft in Kenia trainiere hat mehrere Gründe. Höhentraining kann man zwar an vielen Orten der Welt absolvieren, doch die Bedingungen in den Höhenlagen sind eben nicht überall die gleichen. Es kommt im Prinzip darauf an welche Prioritäten man setzt. Ideal sind Höhenlagen zwischen 1200 und 3000m über dem Meeresspiegel. Persönlich habe ich noch nie an Orten trainiert, die höher als 2600m liegen. Je höher man lebt und trainiert, desto geringer der Sauerstoffanteil in der Luft und umso schwerer das Training. Selbst nach mehr als 20 Höhenaufenthalten fällt mir da Training in sauerstoffarmen Regionen immer noch schwer. Wir beginnen in der Vorbereitung meist in großer Höhe und verringern die Höhenlage, wenn die Wettkämpfe näher rücken. In der Vorbereitung ist das Training umfangreich und wenig intensiv, vor den Wettkämpfen nimmt die Intensität zu und der Umfang ab.
Im Jahr 2010 bin ich das erste Mal nach Kenia gereist und war seitdem zwölf Mal in Iten. In den Wintermonaten wird Kenia immer meine erste Wahl bleiben. Die Bedingungen sind meinem Empfinden nach perfekt. Das Klima ist super angenehm. Meistens 25 Grad, Sonne und ein kühler Wind. In den USA oder der Schweiz muss ich mit Schnee rechnen. Im Vergleich zu den USA habe ich in Kenia keine große Zeitverschiebung und kann außerdem einen Jetlag ausschließen. Zudem sind die Trainingsstätten sowie tolle Laufwege direkt vor Ort. Vollpension und eine gute Unterkunft sind für Rund 50€ bis 55€ pro Tag nicht überteuert. In der Vergangenheit war ich auch schon in Flagstaff (USA), in Davos (Schweiz), in Potchefstroom (Südafrika). Zur unmittelbaren Wettkampfvorbereitung ziehe ich Potchefstroom in Südafrika (1300m) und Davos in der Schweiz (1550m) aufgrund der geringeren Höhe vor. Intensitäten lassen sich dort einfacher realisieren.
Auch in dieser Saison sieht mein Jahresaufbau ähnlich wie in den vergangenen Jahren aus. Im Januar habe ich einen Monat in Iten (Kenia) verbracht. Nach 17 Tagen mit regenerativem Training in Deutschland bin ich zurzeit wieder für drei Wochen in Iten (Kenia). Vor dem Start meiner Wettkampfsaison werde ich ein weiteres Höhentrainingslager in Potchefstrom (Südafrika) verbringen. Im Sommer, vor meinem Saisonhöhepunkt reise ich zum Training ein weiteres Mal nach Davos in die Schweiz. Ich hoffe ich konnte euch einen kleinen Einblick über meinen Trainingsaufbau im Zusammenhang mit Training unter Höhenbedingungen geben und die Frage klären „warum es mich so oft nach Kenia“ verschlägt. Ich freue mich über euer Feedback und weitere Fragen.
Eure Gesa 🙂
Ich habe zwar noch nie in Kenia trainiert (und werde es mit 59 wohl auch nicht mehr machen!), kenne aber das Land von mehreren Besuchen. Das Klima in den Höhenlagen ist wirklich großartig, ebenso die Landschaft und die Menschen. Da macht das Training sicher Spaß!
Das Klima ist wirklich angenehm und die Begeisterung für’s Laufen ist wirklich inspirierend.
Liebe Grüße
Vielen Dank für deinen wirklich super interessanten Beitrag 🙂
Gerne. Herzlichen Dank.
Liebe Grüße
Gesa
Hallo Gesa,
dein Blog ist toll und unheimlich motivierend.
Danke für diesen interessanten Bericht. Ich absolviere im Juni mein erstes Höhentraining in Tirol und freue mich sehr drauf. Allerdings sind wir nur 11 Tage vor Ort, du schreibst der Körper benötigt 20 Tage zur Umstellung. Werde ich trotzdem einen positiven Trainings-Effekt verspüren? Und wie lange dauert dieser an? Alles Gute für dich und weiterhin viel Erfolg! !
Hallo Nicole,
Ich bin kein Sportwissenschaftler, aber natürlich werden im Körper Prozesse verändert. Das passiert meines Wissens nach schon nach fünf bis sechs Tagen. Für den größten Effekt benötigt der Körper laut Trainingswissenschaften einen Höhenaufenthalt zwischen 18 und 28 Tagen bevor der Effekt langsam abflacht. Ob du im Nachhinein einen positiven Effekt spüren wirst kann ich dir nicht sagen. Das ist von Mensch zu Mensch ganz Unterschiedlich. Das spannende am Höhentraining ist, dass jeder Mensch anders reagiert und man es nicht verallgemeinern kann. Gefühl und Erfahrung ist gefragt. Ich spüre beispielsweise nie einen deutlichen Effekt danach. Meistens fühle ich mich eher schlecht und kann trotzdem Hohe Belastungen realisieren. Das Gefühl von „Fliegen“ kenne ich nach der Höhe also gar nicht. Der Prozess an sich bewirkt auf Dauer jedoch Wunder.
Ich hoffe ich konnte dir einigermaßen helfen.
Liebe Grüße
Vielen Dank für deine Antwort! Ich bin gespannt auf die Erfahrung „Höhentraining“ und den damit verbundenen (hoffentlich positiven ) Trainingseffekt. LG!
Hallo Gesa! Ich lese Deine Beiträge unheimlich gern, einmal weil Du eine tolle Athletin bist – ein großes Vorbild und weil ich Deine Art zu schreiben einfach mag.
Ich persönlich kann mir gar nicht vorstellen, wie anstrengend es sein muss in einer solchen Höhe seine Läufe zu absolvieren im Gegensatz zum Training z.B. in Deutschland.
Deine Zielstrebigkeit und Dein Wille finde ich sehr bewundernswert.
Mach weiter so.
Jenny.
Hallo Jenny,
Wenn man sich auf das Höhentraining einlässt und sich nicht mit den Zeiten des Trainings in der Heimat vergleicht ist alles ok. Man ist einfach etwas langsamer unterwegs und hat ständig „zu wenig Luft“. Das ich so zielstrebig an mir arbeite ist für mich Ehrensache. Es ist mein Beruf und den mache ich mit Leidenschaft.
Danke für dein regelmäßiges Feedback 🙂
Viele grüße
Gesa
Hallo Gesa, du bist ein großes Vorbild für mich. Da ich selber auf dem Weg zum Leistungssport bin, kann ich immer wieder Neues von dir lernen. Wie lange hält denn der Effekt vom Höhentraining an ? Sehr würde ich mich auch freuen, wenn du eine Blogpost zum Thema Laktat verfassen würdest. LG #runningmaus
Hallo,
mein Trainer sagt, dass man ca. 10 Tage nach Rückkehr wieder mit Belastungen im Training anfangen sollte. Die Wissenschaft sagt, dass sich die Veränderungen im Körper nach 3 Wochen wieder den normalen Umständen anpassen. Daher ist es wichtig, dass man dann gezielt neue Belastungen im Training setzte. Man muss die Phase der Superkompensation ausnutzen um ein höheres Niveau zu erreichen.
Was genau wäre denn deine Frage zum Thema Laktat?
Mit freundlichen Grüßen
Hallo Gesa,
erst einmal vielen Dank für die Antwort.
Laut meinem Trainer soll Laktat Milchsäure sein, jedoch frage ich mich was das genau ist, dass dann die Beine so brennen, und wie diese Milchsäure produziert wird. Außerdem würde mich interessieren, was man tun kann, damit die Beine möglichst schnell aufhören zu brennen.
Hallo Miriam,
ich weiß natürlich was Laktat ist und kenne die Prozesse im Körper. Dennoch bin ich für solche Fragen nicht der richtige Ansprechpartner. Da solltest du einen Fachmann im Bereich Sport oder Biologie fragen.
Liebe Grüße
Super Blog! Denk mal noch dran, dass du noch über deine 5 Top-Übungen (Muskel-Dehnen/-Stärken) schreiben wolltest. Wir freuen uns schon darauf.
Ist bereits veröffentlicht.
Liebe Grüße 🙂
Was hältst du von dem Ansatz „train low and sleep high“?
Diesen Ansatz verfolgt ja wohl auch ein bekannter italienischer Lauftrainer mit einigen Afrikanern. Der Vorteil ist wohl, dass die intensiven Einheiten besser umsetzbar sind.
Sehr interessanter Artikel, insbesondere bzgl. der Dauer des Aufenthalts!
Schwierig zu sagen. Es gibt sicherlich viele Ansätze sportliche Leistung zu entwickeln. Ich gehe jedoch einen anderen Weg und bisher hat er funktioniert. Natürlich befasse ich mich mit Trainingsmöglichkeiten und hinterfrage auch „andere“ Varianten aber ich vertraue meinem Trainer und seiner Planung voll und ganz und denke das wir einen guten Weg eingeschlagen haben.
Mit freundlichen Grüßen
Gesa
Warum ist mein Kommentar denn noch auf Prüfstatus? LG, Nicole
Hallo,
tut mir leid ich war sehr beschäftigt und hatte bisher keine Zeit ausführlich zu antworten.
Lg